Gebäudesanierung - Warum der aktuelle Ansatz scheitert

Die derzeitige Fokussierung auf höchste Energieeffizienzstandards bei der Gebäudesanierung ist teuer, ineffizient und verfehlt die Klimaziele. Zwar können in Einzelfällen umfassende Sanierungen sinnvoll sein. Die Praxis zeigt jedoch, dass ein maßvoller Ansatz mit gezielten Verbesserungsmaßnahmen, der den Einsatz erneuerbarer Energien einschließt, die bessere Lösung ist.

Was versteht man unter energetischer Gebäudesanierung?

Zur energetischen Gebäudesanierung werden Maßnahmen gezählt, die die Energieeffizienz von Bestandsgebäuden verbessern. Dazu gehören die Wärmedämmung, der Austausch von Fenstern und Außentüren sowie die Erneuerung der Heizungsanlage. Der bisherige Fokus auf maximale Energieeinsparung und höchste Effizienzstandards erweist sich jedoch als problematisch. Trotz milliardenschwerer Investitionen bleibt die tatsächliche Energieeinsparung seit etwa einer Dekade aus. Studien zeigen, dass viele Sanierungsmaßnahmen nicht die erhofften Klimaschutzeffekte bringen und aufgrund hoher Investitionskosten viel zu wenig umgesetzt werden.

Dämmmaßnahmen reduzieren Wärmeverluste. Doch ihr Nutzen nimmt mit zunehmender Dicke ab. Während die ersten Zentimeter hohe Einsparungen bringen, bleibt der zusätzliche Nutzen für weitere Maßnahmen ab einem Standard von 14 cm an der Außenwand sehr gering. Außerdem können umfangreiche Dämmmaßnahmen Probleme wie Schimmelbildung oder schlechtere Belüftung verursachen. Deshalb sollte eine wirtschaftliche und maßvolle Sanierung Vorrang haben.

Moderne Fenster helfen, Wärmeverluste zu senken. Doch der Effekt hängt stark von der Gebäudehülle und der Heizungsart ab. Ein übermäßiger Fokus auf den Fensteraustausch führt nicht automatisch zu einer CO₂-Reduktion. Zudem sind hochwertige Fenster teuer. Die Amortisationszeit ist lang, insbesondere wenn das Gebäude bereits energetisch optimiert wurde.

Eine klimafreundliche Wärmeversorgung bietet das größte Potenzial zur CO₂-Reduktion. Der Umstieg auf Wärmepumpen und der Ausbau von Nah- und Fernwärme sollten Priorität haben. Die aktuelle Förderpolitik setzt jedoch zu stark auf Dämmung und Effizienzstandards, anstatt den Wechsel zu emissionsfreien Heizsystemen zu fördern. Bereits kleine Anpassungen der Heizsysteme könnten erhebliche Einsparungen ermöglichen, etwa durch intelligente Steuerungssysteme oder eine hydraulische Optimierung.  So ließe sich der Energiebedarf der Heizung durch eine moderne, vollautomatische Einzelraumregelung um bis zu 30 Prozent bei bestehenden Wohngebäuden reduzieren.

Mietkostenvergleich Energieeffizienzpfad vs. Praxispfad am Beispiel einer 62-Quadratmeter-Wohnung
Welche Kosten sind mit einer Gebäudesanierung verbunden?

Energetische Sanierungen sind im aktuellen Effizienzparadigma teuer. Eine umfassende Modernisierung nach Effizienzhausstandard EH 55 kostet durchschnittlich über 1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Das ist für viele Eigentümerinnen und Eigentümer und Vermieterinnen und Vermieter wirtschaftlich nicht tragbar – und für Mieterinnen und Mieter nicht sozial verträglich. Die Mietkosten steigen dadurch erheblich, während die tatsächliche Energieeinsparung oft hinter den Erwartungen bleibt. Trotz Gesamtkosten von 545 Milliarden Euro für energetische Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden zwischen 2010 und 2022 sind kaum messbare Energieeinsparungen festzustellen​.

Unsanierte Fassade mit neuen Fenstern
Ist die Gebäudesanierung verpflichtend?

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) schreibt für bestimmte Gebäude Sanierungen vor. Das Problem liegt vor allem darin, dass es nur die maximalen Energieeffizienzstandards mit Fördermitteln koppelt. Dadurch werden Eigentümerinnen und Eigentümer zu teuren Investitionen animiert, deren Klimanutzen fraglich ist. Zudem führen diese für den Klimaschutz ergebnislosen Sanierungen zu einem Auftragsstau. Handwerksbetriebe sind überlastet, was zu langen Wartezeiten führt

Hausfassaden während der Sanierung mit Baugerüsten
Warum der aktuelle Ansatz nicht sinnvoll ist

Die Politik setzt weiter auf höchste Effizienzstandards wie EH 40 oder EH 55. Diese bringen jedoch kaum zusätzliche CO₂-Einsparungen, sind aber sehr teuer. Statt maximaler Dämmung, komplizierter Vorschriften und unübersichtlicher Förderprogramme sollte das Hauptziel sein, die CO₂-Emissionen schnell, effizient und sozial verträglich zu senken. Internationale Vergleiche zeigen, dass Länder mit einer stärkeren Ausrichtung auf CO₂-Reduktion bessere Ergebnisse erzielen.

Praxispfad statt Theoriepfad

Der aktuelle Effizienzpfad erfordert bis 2045 Investitionen von 5,26 Billionen Euro, um den Gebäudebestand klimaneutral zu machen. Ein maßvoller Sanierungsansatz, kombiniert mit einem schnellen Umstieg auf Wärmepumpen, ist effektiver und wirtschaftlicher. Der Praxispfad wäre mit 1,92 Billionen Euro deutlich günstiger und sozial verträglicher. Gleichzeitig würde dieser Ansatz weniger Bauressourcen binden und eine realistischere Sanierungsquote ermöglichen.

Die Initiative Praxispfad sieht dazu moderate Sanierungen mit einer Kombination moderaten Sanierungsmaßnahmen gemäß GEG (140%) und dem verstärkten Einsatz von Wärmepumpen vor.

  • Das heißt, noch nicht sanierte Gebäude werden moderat und ohne übermäßige Dämmung auf GEG-Standard (140%) saniert. Der Fokus liegt darauf, die Gebäude „fit“ für den Einsatz erneuerbarer Energien zu machen – und nicht auf der maximalen Energieeffizienz.
  • Dazu soll der Einsatz elektrischer Wärmepumpen ausgebaut werden. Eine beträchtliche Anzahl von unsanierten Gebäuden kann schon heute ohne Sanierungsmaßnahmen mit Wärmepumpen ausgestattet werden. Dadurch werden fossile Energien weitgehend ersetzt.
  • Dieses Vorgehen ist deutlich günstiger als eine Sanierung auf EH55 oder EH40.

Fazit: weg von maximaler Sanierung, hin zu CO₂-Reduktion

  • Statt: maximale Dämmung → Gezielte Sanierung
  • Statt: hohe Effizienzstandards → Maßvolle Sanierung + Wärmepumpen
  • Statt: steigende Wohnkosten → Bezahlbare Klimaneutralität
  • Statt: Bürokratische Hürden → Vereinfachte Förderprozesse

Der Weg zur Klimaneutralität muss realistisch und wirtschaftlich sein. Die Gebäudewende gelingt nur mit einem Fokus auf CO₂-Reduktion statt auf maximaler Effizienz. Eine pragmatische Strategie sorgt für finanzierbare, sozial verträgliche und langfristig sinnvolle Lösungen.

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